Nr. 1 (2007): Prekariat

					Ansehen Nr. 1 (2007): Prekariat
Das Prekariat wurde entdeckt - und zum Objekt sozialstaatlicher Inklusions-politiken gemacht. Die Sozialethik, die sich zunehmend unter den Grundsatz der
Beteiligungsgerechtigkeit stellt, findet daran ihr Wohlgefallen: Die Menschen, die nicht wie alle anderen zur Gesellschaft dazugehören, denen deshalb vergleich-
bare Beteiligungschancen verwehrt werden, werden ins Zentrum sozialpolitischer Aufmerksamkeit gerückt. Der bundesdeutsche Sozialstaat wird vorrangig diesen Menschen und ihrer Inklusion gewidmet, deshalb mit seinen Sicherungs- und Fürsorgesystemen in Richtung von Aktivierung und Befähigung umgebaut. Doch bei näherem Hinsehen entpuppen sich die neue Aufmerksamkeit für das Prekariat und damit auch das neue sozialstaatliche Inklusions und Aktivierungsprogramm als äußerst zweischneidig: Erst mit seiner »Entdeckung« wird das Prekariat gemacht - und es wird zugleich politisch benutzt. Dadurch, dass der Sozialstaat mit seiner
Inklusion beschäftigt wird, landen die »Hilfebedürftigen« genau dort, wo sie der Analyse ihrer Hilfebedürftigkeit zufolge sind, »außerhalb« der Gesellschaft und ohne  vergleichbare Beteiligungschancen. Geboten ist daher eine kritische Sicht auf die neue Sozialpolitik, ihrem  herausragenden Interessen am Prekariat und das Programm »Fordern und Fördern«.
Veröffentlicht: 01.06.2015