Das moralpädagogische Projekt »Aus der Geschichte lernen« und der schulische Geschichtsunterricht über den Nationalsozialismus und den Holocaust

Authors

  • Matthias Proske Universität zu Köln

DOI:

https://doi.org/10.18156/eug-2-2010-art-5

Abstract

Gegenstand des Beitrages ist das moralpädagogische Projekt »Aus der Ge-
schichte lernen«, das sich im Zuge der Auseinandersetzung mit der NS-Ge-
schichte herausbildete. Vor dem Hintergrund der hohen Wirkungsannahmen,
die das Projekt nicht nur auf das Verstehen historischer Prozesse, sondern
auch auf die Veränderung politisch-moralischer Haltungen in Fragen von To-
leranz, Menschenrechten und Demokratie richtet, fokussiert der Beitrag ins-
besondere die Rolle des Geschichtsunterrichts. Auf der Grundlage einer ei-
genen empirischen Studie wird die Frage diskutiert, wie im Kontext von Schule
mit den politisch-moralischen Herausforderungen umgegangen wird, die mit
Themen Nationalsozialismus und Holocaust einhergehen. Zentrales Ergebnis
der Studie ist, dass der schulische Geschichtsunterricht als der Ort verstanden
werden kann, in dem die jeweils nachwachsende Generation mit dem politisch-
moralischen Erbe der Bundesrepublik Deutschland in Gestalt gesellschaftlich
etablierter Narrative vertraut gemacht wird. An seine Grenzen stößt der Ge-
schichtsunterricht, wenn Beteiligte Prämissen des moralpädagogischen Pro-
jekts nicht teilen oder anders deuten. Hier können Konflikte entstehen, mit
denen unter Bedingungen von Unterricht offensichtlich nur schwer umzu-
gehen ist, weil in der schulischen Kommunikation immer auch Fragen der
moralischen Integrität von SchülerInnen mit verhandelt werden.

This article deals with the moral-pedagogic project «Learning from History»
(«Aus der Geschichte lernen») that emerged in the wake of the discussion
about the Nazi history. Against the background of the high expectations of
effect attached to it, namely to not only understand historical facts but also
concentrate on the changes of political-moral attitudes concerning tolerance,
human rights, and democracy, this paper focuses in particular on the role of
history classes in schools. On the basis of a previous empirical research study
the article discusses how in schools political-moral challenges are handled
which ensue from the topics of National Socialism and Holocaust. The central
result of the study is the assumption that history classes can be understood as
the place where the respective coming generation comes in contact with the
political-moral heritage of the Federal Republic of Germany via socially estab-
lished narratives. History classes reach their limitations, however, when parti-
cipants do not agree with the premises of the moral-pedagogic project or in-
terpret it differently. Here, conflicts may arise which can be handled with diffi-
culty only, because communication in schools always includes negotiations
concerning questions of moral integrity of pupils.

Author Biography

Matthias Proske, Universität zu Köln

Matthias Proske, Prof. Dr., *1967, Prof. für Schulforschung und Allg. Didaktik. Stud. der Erziehungsw., Phil. und Kath. Theol., Frank- furt/M. und San Salvador, 2000 Promotion (Pädagogisierung sozialer Probleme), 2007 Habil. mit der venia legendi für Erziehungsw.

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