Zwischen Gendertheorien und Naturrecht. Christlich-sozialethische Überlegungen zur rechtlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften und zur »Ehe für alle«

Autor/innen

  • Christian Spieß Professur für Christliche Sozialwissenschaften und Johannes Schasching SJ Institut der Katholischen Privat-Universität Linz

DOI:

https://doi.org/10.18156/eug-1-2017-art-8

Abstract

Nach dem „Ehe für alle“-Beschluss des Bundestages ist, so die These des Beitrages, nicht nur eine Debatte beendet, sondern muss auch eine neue Debatte über die Frage der gesetzlichen Regulierung und Privilegierung von dauerhaften Lebensgemeinschaften beginnen. Den Rahmen bietet eine sozialethische Argumentation: Es werden zwei unterschiedliche anthropologische Zugänge zum Phänomen der Geschlechtlichkeit des Menschen nebeneinandergestellt sowie zwei Möglichkeiten, die rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften ethisch zu beurteilen. Der Beitrag plädiert zunächst dafür, gleichgeschlechtliche Partnerschaften der bisherigen Ehe gleichzustellen. Allerdings ergeben sich sowohl aus den anthropologischen als auch aus den ethischen Überlegungen erhebliche Fragen: Warum bewegen sich auch die neuen Regelungen im heteronormativen Maßstab der Geschlechterdichotomie? Warum wird der Ehebegriff zwar ausgeweitet, aber im Grunde nur auf die Gruppe homosexueller Personen, während andere Lebensgemeinschaften weiterhin ausgeschlossen bleiben? Müssten nicht auch andere – und zwar auch nicht über die Sexualität definierte – Partnerschaften und Lebensgemeinschaften gleichgestellt werden? Aber wie weit ist der Begriff der Ehe eigentlich dehnbar?

 

After the endorsement of the law on "gay-marriage" in the german parliament (Bundestag) put an end on the debate on "gay marriage", this article's thesis is that a new debate on the regulation and privilege of long-lasting partnership has to be started. The frame therefore is provided by social-ethical argument: two different anthropological approaches to the phenomenon of human sexuality are juxtaposed, as well as two possibilities to assess the legal recognition of same-sex partnerships ethically.

This article firstly advocates equating same-sex partnerships with marriage. However, serious questions arise both from the anthropological and from ethical considerations: Why are the new regulations set in the heteronormative scale of gender dichotomy? Why is the concept of marriage extended, but basically only to the group of homosexual persons, while other forms of partnership are still excluded? Should not other partnerships, especially those not defined through sexuality, be equated with partnerships and life-communities? But how far is the concept of marriage really stretchable?

Autor/innen-Biografie

Christian Spieß, Professur für Christliche Sozialwissenschaften und Johannes Schasching SJ Institut der Katholischen Privat-Universität Linz

Prof. Dr., geb. 1970 in Dieburg (Hessen), Prof. für Christliche Sozialwissenschaften und Leiter des Johannes Schasching SJ Instituts der Katholischen Privat-Universität Linz.
Neuere Veröffentlichungen: Zwischen Menschenrechten und Gewalt. Religion im Spannungsfeld der Moderne, Paderborn: Schöningh 2016; Wie fand der Katholizismus zur Religionsfreiheit? Faktoren der Erneuerung der katholischen Kirche: Paderborn: Schöningh 2016 (zus. mit Karl Gabriel und Katja Winkler); Neue Intoleranz gegenüber Religionen und Bedrohung durch politische Theologien: Martha Nussbaum und Mark Lilla, in: Oliver Hidalgo/Christian Polke (Hg.), Staat und Religion, Wiesbaden: Springer VS 2017, 429-441; Islam – ein Teil Europas? Säkulare Politik und weltanschaulich plurale Gesellschaften als Ausdruck des normativen Projekts der Moderne, in: Klaus Viertbauer/Florian Wegscheider (Hg.), Christliches Europa? Religiöser Pluralismus als theologische Herausforderung, Freiburg: Herder 2017, 235-252.
GND: 141219912

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Veröffentlicht

27.07.2017

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