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  • Religionsprojektionen
    Nr. 2 (2011)

    Im Verhältniszu den jeweils anderen, den Muslimen, Christinnen, Atheisten, Jüdin-
    nen und anderen können wir bei unseren Versuchen, diese zu verstehen, nicht
    vermeiden, auf dem Boden unserer Kenntnisse von unseren Einstellungen auf die
    ihren zu schließen. Gerade durch solche projektiven Konstruktionen über religiöse
    oder weltanschauliche Einstellungen werden aber auch Probleme erzeugt: Islam-
    feindschaft, Antimodernismus oder Antisemitismus gehören genauso dazu wie
    Projektionen religiöser Perspektiven, Einstellungen und Praktiken, die aus der
    Sicht einer sich als säkular und agnostisch verstehenden Politik, Philosophie oder
    Kultur an Angehörige religiöser Gemeinschaften und Gruppen herangetragen wer-
    den. Zur Debatte steht in diesem Heft damit auch das Verhältnis von religiöser/
    weltanschaulicher Identitätund Liberalität bzw. von religiöser/weltanschaulicher
    Identität und Offenheit für Differenz und Pluralität.

    Religiös und weltanschaulich plurale Gesellschaften der Moderne bedürfen einer-
    seits der Beschränkung religiöser Macht durch die Gewähr von Menschen- und
    Grundrechten einschließlich negativer Religionsfreiheit, andererseits aber der Ge-
    währ der Freiheit, Religion nicht nur im Privatleben auszuüben. Durch die wachsen-
    de religiöse und weltanschauliche Pluralisierung wird bewusst, wie stark die deut-
    sche Gesellschaft durch die christliche Kultur geprägt ist und wie sehr damit an-
    dere Religionen und Kulturen um eine Gleichstellung gegenüber der westlichen
    Kultur und der christlichen Religion kämpfen müssen. Auch die Grenzen zwischen
    negativer Religionsfreiheit und positiver Religionsfreiheit verschieben sich.

    Nur durch gegenseitiges besseres Kennenlernen und durch eine Beteiligung mög-
    lichst vieler weltanschaulich differenter Positionen zu zuordnenden Akteuren an
    öffentlichen Diskursen können diese Fragen so gelöst werden, dass das Nebenei-
    nander der unterschiedlichen Orientierungen zur gegenseitigen Bereicherung wer-
    den kann statt zum Anlass von Ausgrenzung und Diffamierung. Vielfältige Religions-
    projektionen sowie Projektionen über Nicht-Religiosität stehen dem entgegen.
  • Risiken und Nebenwirkungen – Ökonomisierungsfolgen im Gesundheits- und Sozialwesen
    Nr. 1 (2011)

    Tendenzen zur Ökonomisierung werden schon seit längerer Zeit im Sozial- und Ge-
    sundheitswesen thematisiert. Diese zeigen sich auf der einen Seite in den Bestre-
    bungen, Soziale Arbeit, Pflege und auch die Medizin als »Dienstleistung« zu kon-
    zeptionalisieren und in der Praxis daran auszurichten. Auf der anderen Seite werden
    Gesundheitsleistungen zu »knappen Gütern«, über deren Verteilung und Finanz-
    ierung erbittert gestritten wird. Schließlich machen ökonomische Tendenzen auch
    vor schulischer, beruflicher und hochschulischer Bildung nicht halt: damit verän-
    dern sich nicht nur Ziele und Inhalte der (Aus-)Bildung, die Veränderungen haben
    auch Folgen für die Schülerinnen und Schüler sowie die Studentinnen und Studen-
    ten.
    Damit reichen diese Tendenzen weit über die Adaption betriebswirtschaftlicher Steu-
    erungsinstrumente hinaus und nagen am Selbstverständnis der in den Feldern des
    Gesundheits- und Sozialwesens beheimateten Professionen. So ergibt sich die Fra-
    ge, was diese Entwicklungen bedeuten und wie sie ethisch einzuschätzen sind. Ver-
    trägt sich die Vorstellung der Sozialen Arbeit oder der Pflege als »Dienstleistung«
    mit Theorie und Praxis dieser Professionen? Welcher Art sind die »Produkte« dieser
    Praktiken und wer bringt sie hervor? Ist die mit den Methoden der Qualitätssicher-
    ung und des Qualitätsmanagements verbundene Technisierung dieser personen-
    und körpernahen Tätigkeiten überhaupt leistbar – und ist sie ethisch vertretbar?
    Wenn sich die Bereitstellung von Sozial- und Gesundheitsleistungen unter Knapp-
    heitsbedingungen vollzieht müssen Kriterien ausgewiesen werden können, welche
    die Verteilung dieser Güter rechtfertigen. Reichen dafür klassische Ansätze der
    Verteilungsgerechtigkeit aus oder betrifft die Vorenthaltung entsprechender Güter
    auch die Anerkennungsdimension? Die gegenwärtig zu beobachtenden Verschie-
    bungen im Sozial- und Gesundheitswesen betreffen nicht allein die Oberfläche ihrer
    verteilungstheoretischen Struktur, sie reichen in die Fragen des Selbstverständnis-
    ses, nicht nur der involvierten Personen, sondern auch der Gesellschaft insgesamt.

  • Sonderheft 2011 Arbeit – Eigentum – Kapital. Zur Kapitalismuskritik der großen Sozialenzykliken
    2011

    Im Mai des Jahres 2011 standen gleich mehrere ›runde Geburtstage‹ großer päpst-
    licher Sozialenzykliken auf der Tagesordnung: Rerum novarum wurde 120 Jahre,
    Quadragesimo anno 80 Jahre, Mater et magistra 50 Jahre, Laborem exercens
    30 Jahre und Centesimus annus 20 Jahre alt. Allerdings fand dieses ›Jubiläumsda-
    tum‹ nicht nur in der säkularen, sondern auch in der innerkirchlichen Öffentlichkeit
    nur eine überraschend geringe Resonanz. Die große Zeit der Sozialenzykliken und
    der auf ihr beruhenden ›Katholischen Soziallehre‹ scheint ohnehin seit längerem vor-
    bei zu sein. Dennoch sind in diesen Sozialrundschreiben bleibend wertvolle gesell-
    schaftsethische Grundsatz-Reflexionen, bis heute gehaltvolle Ansätze normativer
    Gesellschaftstheorie und zahlreiche, die herrschenden Plausibilitätsmuster der Ge-
    genwartsgesellschaften produktiv irritierende Stellungnahmen zu finden, die eine
    nähere Beschäftigung mit den Texten der päpstlichen Sozialenzykliken auch heute
    noch lohnend macht. Zu einer voreiligen Verabschiedung dieser Tradition besteht je-
    denfalls genau so wenig Anlass wie zu ihrer geflissentlichen Nichtbeachtung.

    Das ›Sonderheft 2011‹ der ›Ethik und Gesellschaft‹ stellt sich deshalb die Aufgabe,
    zentrale Themen und Motive der langen Tradition päpstlicher Sozialverkündigung in
    der modernen kapitalistischen Industriegesellschaft noch einmal Revue passieren
    zu lassen und auf ihre Zukunftspotenziale hin zu befragen. Dieses Anliegen ist im
    ›Jubiläumsjahr 2011‹ auch deshalb angesagt, weil es seit der im Herbst 2008 aus-
    gebrochenen Wirtschafts- und Finanzkrise wieder ein neues politisch-publizistisches
    Interesse am Thema der Kapitalismuskritik gibt, wobei über die Fragen ihrer Mög-
    lichkeiten und Chancen, ihrer Ausmaße und Profile erhebliche Uneinigkeit herrscht.
    Grund genug also, auf der Grundlage der großen päpstlichen Sozialenzykliken nach
    Traditionen, Aufgaben und Perspektiven kirchlicher Kapitalismuskritik ›im Blick zu-
    rück nach vorn‹ zu fragen.

    Die Texte dieser Ausgabe sind entstanden im Rahmen der ›1. Heppenheimer Tage
    zur christlichen Gesellschaftsethik‹, die am 20. und 21.05.2011 in Kooperation mit
    dem Institut für Theologie und Sozialethik (iths) der TU Darmstadt im ›Haus am Mai-
    berg‹ stattfanden, der Akademie für politische und soziale Bildung des Bistums Mainz.
    Die ›Heppenheimer Tage‹ zielen darauf, die Traditionen der katholischen Soziallehre
    mit den Theoriedebatten der zeitgenössischen Sozialwissenschaften ins Gespräch zu
    bringen. Sie widmen sich in diesem Sinne der Verständigung und Weiterentwicklung
    zentraler Anliegen der christlichen Gesellschaftsethik. Den Mitarbeitern des Hauses
    sei an dieser Stelle für die angenehme und unkomplizierte Tagungsatmosphäre eben-
    so gedankt wie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern für ihre produktiven Debatten-
    beiträge, ohne die die hier vorgelegten Texte in dieser Form wohl kaum zustande ge-
    kommen wären.
  • Der ganz alltägliche Rassismus
    Nr. 2 (2010)

    Gebannt und erschrocken schauen wir nach »rechts«, erschaudern über Aufläufe
    von Neonazis und über rechte Gewalt gegen Ausländerinnen und Ausländer. Doch
    die Geisteshaltung und die Einstellungen »dahinter« sind keine Sachverhalte nur
    am Rande, sondern sind in der Mitte der Gesellschaft zu finden. Gleichgültig, ob
    man sie mit ›Rassismus‹ oder anderen Begriffen benennt, die stereotypisierende
    Auszeichnung von Unterschieden, die Abwertung derer, denen diese Unterschiede
    zugerechnet werden, und politische Aktivitäten, soziale Zusammenhänge über der-
    artige stereotypische Unterscheidungen zu ordnen, bestimmen die bundesdeutsche
    Gesellschaft – und zwar weit über den Kreis der Menschen hinaus, die sich in rechts-
    radikalen Vereinigungen und Parteien organisieren. Auch Christen und die Kirchen
    sind davon nicht ausgenommen. Im Gegenteil: Zum Beispiel über ihre »Abwehr« des
    Islams im eigenen Land bedienen auch Christen einen gesellschaftlich tolerierten Anti-
    islamismus, mehr noch: forcieren ihn und besorgen ihm gesellschaftliche Akzeptanz.
    In diesen und anderen Fällen dienen christliche Einstellungen und Überzeugungen als
    Grund für stereotypische Zuschreibungen, Abwertungen und Ausgrenzungen von ver-
    meintlich abweichenden, gefährlichen Einstellungen und Überzeugungen anderer. Mit
    dieser Ausgabe stellt sich »Ethik und Gesellschaft« die Frage, ob und wie sich der all-
    tägliche Rassismus unter Christen und in ihren Kirchen »eingenistet« hat und ob und
    wie die im Christentum und in den Kirchen »heimischen« rassistischen Einstellungen
    und Überzeugungen den bestehenden Alltagsrassismus fördern. Da sich der im Chris-
    tentum heimische Rassismus – gegenüber »dem Islam« – auch der Gleichberechti-
    gung von Frauen bedient, obgleich die häufig gegen das Christentum und die Kirchen
    erkämpft werden musste und muss, wird auch nach der Relevanz dieses Arguments
    für den Alltagsrassismus gefragt. Wenngleich unter Christen verbreitet, ist Rassismus
    Häresie – die Bestreitung genau dessen, was Christen von dem im Christentum über-
    lieferten Gott erhoffen: Das Heil für alle Menschen.

  • »Wem gehört die ›Soziale Marktwirtschaft‹?« Herkunft und Zukunft einer bundesrepublikanischen Erfolgsformel
    Nr. 1 (2010)

    Die bundesrepublikanischen Feierlichkeiten zu »60 Jahre Soziale Marktwirtschaft« aus
    dem Sommer 2008 waren kaum ausgeklungen, als wir im Herbst von der großen Wirt-
    schafts- und Finanzkrise überrascht wurden; einer Krise, in der zunehmend deutlich
    wurde, dass die in der Publizistik soeben noch emphatisch gepriesene Erfolgsgeschich-
    te der Sozialen Marktwirtschaft vielleicht gar nicht so erfolgreich war, wie man meinte.
    Jedenfalls ist heute unübersehbar, dass die real bestehende Soziale Marktwirtschaft in
    breiten Teilen der Bevölkerung nur noch wenig Vertrauen genießt und durch die vor-
    herrschende Wahrnehmung, dass es »im Lande nicht mehr sozial gerecht zugeht«,
    unter erheblichen Legitimationsdruck gerät.

     

    Was unter Sozialer Marktwirtschaft aber genau zu verstehen ist, genauer gesagt: was
    das Soziale an der Sozialen Marktwirtschaft ist und wie bzw. von wem dieses Soziale
    konstituiert und garantiert werden soll, ist dabei durchaus unklar; und zwar nicht erst
    heute, sondern schon vor 60 Jahren. Die Wahrnehmungen und Interpretationen in
    Wissenschaft, Politik und Publizistik, in Unternehmerverbänden, Gewerkschaften und
    Kirchen unterscheiden sich hier nicht selten ganz erheblich. Und es ist deshalb an der
    Zeit der Frage nachzugehen, ob wir eigentlich alle dasselbe meinen, wenn wir von der
    Sozialen Marktwirtschaft reden.

    Vor diesem Hintergrund widmete sich im Januar 2010 die Jahrestagung der »Ökume-
    nischen Arbeitsgemeinschaft sozialethischer Institute« (ÖASI) – ein im Jahr 2001 ge-
    gründeter Zusammenschluss verschiedener christlich-sozialethischer Forschungsin-
    stitute, die in ökumenischer Perspektive die Interaktion und Kooperation innerhalb
    des Faches verbessern will – dem Thema: Wem gehört die Soziale Marktwirtschaft?
    Herkunft und Zukunft einer bundesrepublikanischen Erfolgsformel.
    Auf dieser Ta-
    gung sollte es vor allem um das in den letzten Jahren in der vergleichenden Wohl-
    fahrtsstaatsforschung deutlich gewachsene theoretisch-systematische Interesse an
    den lange Zeit wenig thematisierten »konfessionellen Wurzeln« der Konzeption einer
    Sozialen Marktwirtschaft gehen. Dabei stand insbesondere die Frage im Raum, in-
    wiefern sich die politisch-moralischen Grundlagen des deutschen Wirtschafts- und
    Sozialmodells gewissermaßen als »interkonfessioneller Kompromiss« (Philip Manow)
    zwischen einem eher sozialstaatskritischen Lager protestantisch-ordoliberaler Pro-
    venienz einerseits und einem vor allem am Sozialversicherungsstaat orientierten
    katholisch-»rheinischen« Lager andererseits beschreiben lassen.

    Die Ausgabe 1/2010 der »Ethik und Gesellschaft« präsentiert Texte und Kommentare,
    die aus dieser Tagung hervorgegangen sind. Sie will damit eingreifen in die Debatten
    um das politisch-moralische Selbstverständnis dessen, was »Soziale Marktwirtschaft«
    ist und sein soll; und sie will in historisch-systematischen Vergewisserungen der Frage
    nachgehen, inwiefern diese »konfessionellen Wurzeln« – womöglich in hochgradig sä-
    kularisierter Form – für die aktuellen Krisen- und Regenerierungsdebatten um »unsere
    Soziale Marktwirtschaft« auch heute noch relevant sind. Die Tatsache, dass die ver-
    schiedenen Beiträge dieses Heftes hier zu kontroversen Einschätzungen gelangen,
    macht deutlich, dass diese Frage allemal aktuell ist und wohl auch bleiben wird.

  • Nach dem Kollaps - (Finanz-)Ethische Schlussfolgerungen aus der Krise
    Nr. 2 (2009)

    Die globale Finanzkrise ist die Krise einer neuen Form der Finanzwirtschaft. Die Besonderheiten dieser neuen Form von »finance« sowie die Ursachen und finanzwirtschaftlichen Folgen der Krise lassen sich auf verschiedenen Ebenen beschreiben: auf der Mikroebene der Interaktionen und Handlungsmotive der Individuen, auf der Makroebene der Branche, der Gesamtwirtschaft und der Gesellschaft sowie auf der Mesoebene der Organisationen, der Milieus und des Berufs-Ethos der »Banker«. Die ersten beiden Beiträge dieser Ausgabe von Ethik und Gesellschaft setzen auf der Mesoebene an. Sie untersuchen Entwicklungen in den organisatorischen Strukturen der Finanzinstitute und im professionellen Ethos des Investmentbanking. Der dritte und der vierte Beitrag sind der Makroebene gewidmet. Hier wird nach den Besonderheiten der heutigen Form von »finance« sowie ihren gesamtwirtschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen gefragt. Der vierte Beitrag rückt dabei wirtschaftskulturelle Aspekte, insbesondere die Frage nach den Beziehungen zwischen den Partnern finanzwirtschaftlicher Transaktionen in den Vordergrund. Insofern leitet er zum letzten Beitrag über, in dem auf der Mikroebene das Motiv des »mehr Wollens« philosophisch beleuchtet wird.
  • Bildung, Gerechtigkeit und Kompetenz
    Nr. 1 (2009)

    Wer gegenwärtig nicht über die Finanzkrise spricht, redet über Bildung.
    Bildungsparteitage und Bildungsgipfel wechseln sich ab; Bildungsgutachten
    sind in Mode. Auch die Evangelische Kirche in Deutschland betont, in ihrer
    letzten Armutsdenkschrift, wie wichtig Bildung für die Bekämpfung von Armut
    und Arbeitslosigkeit ist. In ganz Deutschland schießen Bildungspläne wie
    Pilze aus dem Boden; Wertevermittlung gilt dabei regelmäßig als eine der
    vornehmsten Aufgaben. Wer momentan über Bildung redet, macht also nichts
    falsch. Grund genug für »Ethik und Gesellschaft«, an dieser Stelle einzuhaken,
    und sich in zweierlei Hinsicht mit den Feinheiten von Bildung, Gerechtigkeit und
    Kompetenz zu beschäftigen: einerseits unter der Fragestellung, wie Bildung und
    Verteilungsgerechtigkeit sich eigentlich zueinander verhalten, andererseits unter
    dem Aspekt, inwiefern Bildungsinhalte Gerechtigkeit fördern können.
  • Rückkehr der Vollbeschäftigung oder Einzug des Grundeinkommens?
    Nr. 2 (2008)

    Zumal angesichts des durch die Finanzkrise induzierten Konjunkturknicks
    ist politisch kaum strittig, dass zur arbeitsgesellschaftlichen Formation der
    »goldenen« fünfziger und sechziger Jahre, mit ihrer Art von Vollbeschäftigung,
    kein Weg zurückführt. Wiewohl auch nicht von einem Ende der Arbeitsgesell-
    schaft die Rede sein kann, befindet sich diese in einem heftigen Umbruch.
    Noch ist nicht ausgemacht, welche Perspektiven und Horizonte dieser Umbruch
    eröffnet – oder androht.
  • Politik aus dem Glauben
    Nr. 1 (2008)

    Vor einigen Jahrzehnten schrieb Dorothee Sölle gegen die Verdrängung
    des Glaubens aus der Praxis - wenn die Praxis als Frucht des Glaubens
    theologisch verkannt wird. Zeitgleich warb Johann Baptist Metz für die
    politisch-mystische Doppelstruktur christlichen Glaubens in der Nachfolge
    Jesu. Gut vier Jahrzehnte später fragt e+g, unter deutlich veränderten gesell-
    schaftlichen Bedingungen, nach dem innigen Verhältnis von Glauben und
    politischem Engagement.
  • Prekariat
    Nr. 1 (2007)

    Das Prekariat wurde entdeckt - und zum Objekt sozialstaatlicher Inklusions-politiken gemacht. Die Sozialethik, die sich zunehmend unter den Grundsatz der
    Beteiligungsgerechtigkeit stellt, findet daran ihr Wohlgefallen: Die Menschen, die nicht wie alle anderen zur Gesellschaft dazugehören, denen deshalb vergleich-
    bare Beteiligungschancen verwehrt werden, werden ins Zentrum sozialpolitischer Aufmerksamkeit gerückt. Der bundesdeutsche Sozialstaat wird vorrangig diesen Menschen und ihrer Inklusion gewidmet, deshalb mit seinen Sicherungs- und Fürsorgesystemen in Richtung von Aktivierung und Befähigung umgebaut. Doch bei näherem Hinsehen entpuppen sich die neue Aufmerksamkeit für das Prekariat und damit auch das neue sozialstaatliche Inklusions und Aktivierungsprogramm als äußerst zweischneidig: Erst mit seiner »Entdeckung« wird das Prekariat gemacht - und es wird zugleich politisch benutzt. Dadurch, dass der Sozialstaat mit seiner
    Inklusion beschäftigt wird, landen die »Hilfebedürftigen« genau dort, wo sie der Analyse ihrer Hilfebedürftigkeit zufolge sind, »außerhalb« der Gesellschaft und ohne  vergleichbare Beteiligungschancen. Geboten ist daher eine kritische Sicht auf die neue Sozialpolitik, ihrem  herausragenden Interessen am Prekariat und das Programm »Fordern und Fördern«.
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